Das Sammeln von Münzen ist derzeit voll im Trend. Warum eigentlich? Was macht die Faszination „Münzen sammeln“ aus? Welche Münzen lohnen sich? Und worauf ist noch bei der Numismatik zu achten? Unser Experte Max Hoffmann klärt auf.
Unser Numismatik-Experte Max Hoffmann mit Tipps und Infos.
Frage: Das Sammeln von Münzen erlebt gerade wieder einen Boom. Kurzum: Die sogenannte Numismatik ist in aller Munde. Was sind die Ursachen dafür?
Max Hoffmann: Fangen wir mal mit der Begrifflichkeit an: Was genau ist eigentlich die Numismatik? Sie ist in erster Linie ein wissenschaftliches Gebiet, das sich mit Münzen von deren Erfindung im 7. Jahrhundert vor Christus bis heute beschäftigt. Konkret dreht sich bei der Numismatik alles um die Geschichte, die Herstellung, die Entwicklung der Münze: Woher stammt sie? Wann wurde sie geprägt?
Allerdings spricht man mittlerweile auch beim Münzen sammeln, also dem als Hobby von Millionen Sammlern in aller Welt, von „Numismatik“! Und ja, das Sammeln von Münzen boomt derzeit. Dazu hat sicherlich auch die Corona-Pandemie beigetragen: Die Menschen, die häufiger zuhause sind, suchen sich spannende Hobbies. Zudem sind gerade in Zeiten des Null- und Niedrigzinses und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Edelmetalle eine lohnenswerte Investition. Die Gold- und Silberpreise explodieren. Viele Sammler verfolgen die Edelmetallkurse. Goldmünzen beispielsweise werden uns aktuell förmlich aus den Händen gerissen.
Frage: In Tageszeitungen und diversen Zeitschriften werden derzeit viele Euro-Gedenkausgaben offeriert. Lohnt es sich, Euro-Münzen zu sammeln?
Max Hoffmann: Euro-Münzen sind ein großes Thema. Die Euro-Münzen werden in derzeit 19 Ländern der Europäischen Union sowie den Nicht-EU-Staaten Andorra, Monaco, San Marino und Vatikanstadt in Umlauf gebracht. Weniger die Umlaufmünzen, sondern die Gedenkmünzen sind unter Sammlern gefragt. Insbesondere Euro-Münzen aus Kleinstaaten, wie den vier gerade genannten, werden teils extrem gesucht: Sie werden meist nur in kleinen Auflagen geprägt und versprechen viel Wertsteigerungspotenzial. Gerade hatte ich beispielsweise eine 2 Euro-Gedenkmünze 2015 aus Monaco auf meinem Tisch – für diese Ausgabe werden aktuell Marktpreise von bis zu 1.200 Euro erzielt! Auch die Gedenkmünze aus Monaco zum 25. Todestag der Fürstin Gracia Patricia wird derzeit auf einen Wert von über 1.000 Euro geschätzt.
Regemäßig gilt: Euro-Sondermünzen, die für bestimmte Anlässe geprägt wurden, bieten sehr gute Wertsteigerungschancen.
Frage: Lassen Sie uns über deutsche Sammlermünzen sprechen. Welche Ausgaben werden in Deutschland hergestellt?
Max Hoffmann: Dies sind die 2 Euro-Sammlermünzen und natürlich die 5 Euro- und 10 Euro-Münzen mit Polymerring. Die beiden letztgenannten sind deutsche Sammlermünzen mit enormem Zuspruch: Bei deren Erstausgaben bilden sich regelmäßig lange Schlangen an den Ausgabestellen der deutschen Bundesbank. Polymermünzen steigern ihren Wert regelmäßig, sind mit ihren lichtdurchlässigen, farbigen Polymerringen echte „Eyecatcher“ – und haben zudem noch eine hohe Fälschungssicherheit.
Darüber hinaus gibt es noch die 20 Euro- und die 25 Euro-Silbermünzen – und schließlich noch die deutschen Sammlermünzen aus Gold: mit den Nominalen 20, 50, 100 sowie 200 Euro.
Frage: Wo werden deutsche Sammlermünzen produziert? Gibt es in Deutschland eine eigene deutsche Münzprägestätte?
Max Hoffmann:
Hier in Deutschland gibt es 5 staatliche Münzprägestätten, auch Münzprägeanstalten genannt. Sie stellen im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Münzen her, also unser gesetzliches Zahlungsmittel – das „Geld“. Neben den Umlaufmünzen werden auch deutsche Gedenkmünzen geprägt. Ihren Sitz haben die Münzprägeanstalten in Berlin (A), München (D), Stuttgart (F), Karlsruhe (G) und Hamburg (J). Die diesen Prägestätten zugeordneten Buchstaben finden Sie auf den deutschen Euro-Münzen: Man kann die Münzprägestätte also leicht an diesem Prägestättezeichen identifizieren!
Frage: Sie erwähnten bereits deutsche Sammlermünzen aus Gold. Dazu ganz konkret gefragt: Sollte ich Goldmünzen sammeln?
Max Hoffmann: Wie schon gesagt: Edelmetalle wie Gold und Silber boomen zurzeit. Münzen und Prägungen können wertvoller werden, wenn die darin verarbeiteten Materialien wie Gold und Silber im Wert steigen. Die Entwicklung der Edelmetallpreise spielt im Hinblick auf das Thema Wertsteigerungspotenzial natürlich eine entscheidende Rolle. Insbesondere bei Goldmünzen ist – bedingt durch den Anstieg des Goldpreises – in den letzten Jahren eine extreme Steigerung des Wertes vieler Münzen eingetreten.
Nehmen wir beispielsweise einmal eine deutsche Goldmünze: Die 100 Euro-Goldmünze „Währungsunion“ 2002 mit dem Thema Euro-Einführung. Ihr Ausgabepreis war knapp unter 200 Euro. Heute ist sie rund 800 Euro wert. Wer Goldmünzen sammeln möchte, kann allerdings auch noch viel mehr investieren. Die wertvollste Goldmünze weltweit ist der Double Eagle 1933: Die 20 Dollar-Goldmünze sollte eigentlich 1933 wieder eingeschmolzen werden, wenige Exemplare sind trotzdem in Umlauf gekommen. Ihr Wert liegt aktuell bei rund 7,6 Mio. US-Dollar!
Frage: Goldmünzen sind ja auch ein Sammel-Klassiker aus der Kaiserzeit. Lohnt es sich, Münzen aus dem Kaiserreich zu sammeln?
Max Hoffmann: Die Münzen aus dem Sammelgebiet Deutsches Kaiserreich – von 1871 bis 1918 –erfreuen sich großer Beliebtheit. Da alle 26 Teilstaaten des Kaiserreichs ein eigenes Prägerecht besaßen, existieren bis heute eine Vielzahl an Münzen aus verschiedenen Materialien: Gold, Silber, Bronze, Nickel. Besonders beliebt ist die Goldmark in ihren verschiedensten Prägungen: Einige Ausgaben habe einen extremen Seltenheitswert. Insbesondere jene mit den Porträts der deutschen Kaiser sind unglaublich begehrt. Diese erschienen nicht nur als Kursmünzen, sondern auch als Gedenkmünzen in deutlich begrenzter Stückzahl!
Ein absolutes Highlight ist eine seltene Reichsgoldmünze mit dem Nominal 20 Mark „Herzog Ernst II.“ aus dem Jahr 1872, für die bei einer Auktion 135.000 Euro erzielt wurden! Als Sammler muss man aber natürlich nicht so „tief in die Tasche greifen“: Man findet beispielsweise zahlreiche Goldmünzen des Königreichs Preußen nahe am Goldpreis. Ein attraktives Sammelgebiet also – ich gehe davon aus, dass immer mehr Menschen Münzen aus dem Kaiserreich sammeln werden!
Frage: Kommen wir zu einem weiteren wichtigen Edelmetall: Silber. Silbermünzen sammeln – eine gute Idee?
Max Hoffmann: Silber ist derzeit unglaublich begehrt. Denn die Preisentwicklung dieses Edelmetalls ist „traditionell“ stark an den Goldpreis angelehnt. Gold und Silber haben zwischenzeitlich ein historisches Allzeithoch erreicht. Silbermünzen sind gefragt, die Bestellungen in unserem Münzhaus sind stark angestiegen, keine Frage.
Wenn Sie Silbermünzen sammeln, sollten Sie Folgendes beachten: Während der Verkaufspreis von Silberanlagemünzen nur wenig über dem aktuellen Silberpreis liegt, werden Sammlermünzen aufgrund spezifischer Merkmale regelmäßig deutlich höher gehandelt. Außerdem unterscheiden sich Silbermünzen der Kategorie Anlageprodukte deutlich von ihren „Kollegen“ aus Gold in einem wichtigen Merkmal: Goldanlagemünzen sind in Deutschland von der Mehrwertsteuer befreit, Anlageprodukte aus Silber werden hingegen mit den vollen 19 Prozent besteuert.
Übrigens: Die teuerste Münze der Welt ist eine Silberausgabe: der Liberty Dollar von 1794, der allererste US-Dollar. Er ist mehr als 7,8 Mio. US-Dollar wert.
Frage: „Wert“ ist ein gutes Stichwort: Wie bestimmt sich der Wert einer Münze?
Max Hoffmann: Ganz salopp geantwortet: Der Wert einer Münze bestimmt sich nach Angebot und Nachfrage. Also nach dem Preis, den andere bereit sind, zu zahlen. Wichtige Merkmale für den Wert einer Münze sind dabei: Nominalwert, Herkunft/Ausgabeland/Prägestätte, Prägejahr/Ausgabejahr, Prägematerial, Prägequalität, Erhaltungsgrad, Seltenheit, Beliebtheit.
Besteht das Münzmaterial aus Gold, Silber, Platin oder Palladium, so hat bereits das Metall einen hohen Eigenwert – handelt es sich um eine Legierung, ist dieser natürlich entsprechend niedriger. Auch die die Herkunft ist ein wichtiger Faktor für den Wert einer Münze, z.B. wenn ein Land numismatisch bedeutend ist und evtl. nur eine kleine Auflage produziert. Natürlich spielt auch das Ausgabejahr eine gewisse Rolle: Mit dem Alter einer Münze steigt regelmäßig auch der Sammlerwert, dies gilt insbesondere für antike Münzen. Auch die bereits angesprochene Auflage ist eine wichtige Größe zur Bestimmung des Werts einer Münze – dank geringer und limitierter Auflagen kann sich eine Münze zu einer gesuchten Rarität entwickeln.
Frage: In diesem Zusammenhang erwähnten Sie eben auch noch die Prägequalität? Was genau ist das?
Max Hoffmann: Gedenkmünzen werden regelmäßig in der Prägequalität Stempelglanz oder Polierte Platte geprägt. Im aufwendigsten Prägeverfahren – Polierte Platte – werden Ausgaben meist in deutlich geringeren Auflagen hergestellt. Gerade dies verspricht aber auch die höchsten Wertsteigerungen! Bei der Herstellung der Münzen in der Prägequalität Polierte Plate werden die Münzplättchen (Ronden) vor dem Prägen nochmals hochglanzpoliert. Das gleiche gilt für die Prägestempel. Damit sich das Relief und die Umschriften fein mattiert von dem spiegelnden Untergrund abheben, werden diese Teile des Münzmotivs nochmals extra mit einem superfeinen Sandstrahlgebläse bearbeitet.
Allerdings werden die deutliche Mehrzahl Gedenkmünzen meist in der Prägequalität Stempelglanz hergestellt, als prägefrische, unzirkulierte Münze ohne Fehler. Zum Vergleich: Ein 5 Mark-Stück „Germanisches Museum“ von 1952 in Stempelglanz erzielt Erlöse bis zu 1.500 Euro, in Polierte Platte sogar bis zu 5.000 Euro!
Frage: Und welche Rolle spielt der Erhaltungsgrad einer Münze?
Max Hoffmann: Der Erhaltungsgrad einer Münze ist für die Bewertung einer Münze ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Man unterscheidet – je nach Bewertungsskala – bis zu 15 Erhaltungsgrade: von „gering erhalten“ über „sehr schön“ bis zu „Stempelglanz“ und zuletzt „Polierte Platte“: Die beiden letztgenannten Erhaltungsgrade sind also nicht nur technische Herstellungsarten bzw. Prägequalitäten.
Frage: Frage an den Experten: Welche Münzen sollte man sammeln? Geben Sie uns bitte Tipps.
Max Hoffmann: Ganz einfach: Welche Münzen man auch sammelt, es sollte vor allem Spaß machen! Es gibt so viele Möglichkeiten für Sammler … ein bestimmtes historisches Zeitalter etwa. Oder ein bestimmtes Sammelgebiet wie Euro-Münzen: Gerade bei den Euro-Münzen werden immer wieder neue Sets verausgabt, man kann seine Sammlung in relativ kurzer Zeit erweitern! Gerne werden auch ausschließlich Gold- oder ausschließlich Silbermünzen gesammelt sowie Gedenkmünzen mit hohem Seltenheitsgrad. Einem Anfänger würde ich einfach raten: „Fang an – und zwar jetzt!“
Frage: Nächstes gutes Stichwort: „Münzen sammeln als Anfänger“. Was sollten Anfänger beachten?
Max Hoffmann: Wer als Anfänger Münzen sammelt, sollte sich recht schnell in die Münzwelt einfinden. Also auf Münzbörsen gehen, Fachzeitschriften und Kataloge lesen … und gerne auch den Wirtschaftsteil einer überregionalen Tageszeitung studieren. Denn Münzen sammeln kann auch eine Wertanlage darstellen: Dann stellt sich die Frage, welche Münzen hohes Wertpotenzial versprechen.
Mein Tipp für Anfänger: Eignet euch Wissen an – beginnt beim Münzen sammeln mit aktuellen Münzen und arbeitet euch Stück für Stück zu den historischen Münzen vor!
Frage: Kommen wir zur letzten Frage: Ein großes Sammelgebiet ist auch die antike Numismatik. Was genau ist darunter zu verstehen?
Max Hoffmann: Unter die antike Numismatik fallen insbesondere die Münzen des antiken Griechenlands und Roms, Prägungen Alexander des Großen sowie Münzen der Kelten und der Perser. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich vom Beginn des Münzwesens im 7. Jahrhundert v. Chr. bis ins 8. Jahrhundert n. Chr. Hierunter sind einige wertvolle Münzen zu finden. Etwa eine vorzüglich erhaltene Goldmünze aus der römischen Kaiserzeit: Für die „Diocletian, 284-305 n.Chr. Aureus Mzst. Rom 294 n.Chr.“ werden über 30.000 Euro aufgerufen!