Das Sammelgebiet „Erotische Numismatik“ reicht zurück bis in die Antike. Moderne Ausgaben zeigen z.B. Playmates aus Hugh Hefners „Playboy“ oder Szenen aus dem Kamasutra. Ein faszinierendes und sinnliches Sammelgebiet.“
Es steht geschrieben, dass der berühmteste Verführer aller Zeiten Giacomo Girolamo Casanova (*2. April 1725, †4. Juni 1798) Folgendes gesagt hätte: „Diese Formen, diese Sinnlichkeit in all ihrer Fülle… Es ist ein unsagbares Vergnügen, mit lächelndem Blick und zärtlichen Fingerspitzen über die üppig auf feinem Tuch ausgebreiteten Schätze zu streicheln, seine Augen an den herrlichen Details voller Fülle zu weiden – und mit klopfendem Herzen gewahr zu werden, dass derlei Schönheit wahrhaft unvergänglich ist…“
Hier ist nicht von Frauen die Rede, sondern von einer anderen großen Sammelleidenschaft: dem Sammeln von Münzen und Prägungen. Es heißt Casanova hätte eine umfangreiche Sammlung erotischer Prägungen besessen – u.a. einige wertvolle Exemplare aus der Antike*.
Wäre das Kamasutra damals schon in Europa bekannt gewesen – und wäre auch als Münzmotiv verbreitet worden – so wäre Casanovas Interesse an solch sinnlichen Kleinoden sicherlich groß gewesen.
*Die Geschichte erotischer Prägungen und Münzen reicht zurück bis in die Antike. Ein berühmtes Beispiel antiker numismatischer Erotik sind die römischen Spintriae, welche aufgrund ihrer erotischen Darstellungen als Eintritts- oder Wertmarken für Bordelle gedeutet werden.
Berühmt in der Geschichte numismatischer Erotik sind auch die im Volksmund Cosel-Gulden genannten Münzen, welche August der Starke Anfang des 18. Jahrhunderts prägen ließ. Das Münzbild zeigt zwei Wappenschilde, die sich überschneiden. Das so gebildete Spitzoval wurde von den Zeitgenossen als Vulva der langjährigen Mätresse Augusts, Gräfin Anna Constanze von Cosel, gedeutet. Der Legende nach hatte August (Kurfürst von Sachsen und König von Polen) mit seiner Geliebten von Cosel gewettet, dass er eine Münze prägen lassen kann, auf der das Intimste der Gräfin zu sehen sei.
Bei Münzen- und Medaillensammler kamen die offiziellen Playboy Prägungen sehr gut an, die im Jahr 2004 erschienen. Vor den Ausgaben mit „Playmate des Monats“ Farbmotiven erschien 2003 eine 1 Dollar Münze der Cook Islands zum 50. Geburtstag des Hugh Hefner (*9. April 1926, † 27. September 2017) gegründeten Männermagazins „Playboy“, welche auf der Wertseite des „Playboy Bunny“, auf der Rückseite Queen Elisabeth II. zeigte. Erotische Numismatik – ein faszinierendes Sammelgebiet.
Das Kamasutra oder: Die Sinnlichkeit des Sammelns
Das Kamasutra (übersetzt: Verse des Verlangens) wurde vermutlich zwischen 200 und 300 n. Chr. geschrieben, Verfasser ist Mallanaga Vatsyayana. Es gilt als eines der einflussreichsten Bücher der Weltgeschichte zum Thema erotische Liebe.
Das Kamasutra wurde in der westlichen Welt erstmals durch die aus dem Jahr 1884 stammenden Übersetzung aus dem Sanskrit ins Englische von Richard Francis Burton bekannt. Und trotz gewisser Abschwächungen löste das Buch im viktorianischen England einen Skandal aus. Einen Skandal, der nur durch die erste werkgetreue Übersetzung der „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“ ins Englische ebenfalls von Burton übertroffen wurde. Denn erst durch seine Übersetzung wurde der teilweise erotische Inhalt der Geschichten, die man zuvor als Märchen für Kinder angesehen hatte, deutlich. Dieser Inhalt durfte damals nicht unzensiert bleiben.
Den Versen des Verlangens liegt der Glaube zugrunde, dass jeder Mensch nach drei Gütern streben sollte, um richtig zu leben: Dharma, das spirituelle Wohl durch Befolgung religiöser Richtlinien, Artha, Reichtum und materielle Güter – und schließlich Kama, der sinnliche Genuss.
Das Kamasutra wurde geschrieben, um den Menschen zu zeigen, wie sie das Karma, den sinnlichen Genuss, voll ausschöpfen können.
Das Kamasutra ist das älteste überlieferte hinduistische Lehrbuch der erotischen Liebe. Die Sinnlichkeit, welche sich als Lebenseinstellung in den Illustrationen und Texten des Kamasutra findet, fasziniert in der heutigen schnelllebigen Zeit immer mehr Menschen: Menschen, welche der Kälte des Alltags die Wärme einer herzlichen Erotik entgegensetzen wollen, eine Erotik, die weit über den puren Akt, den Sex als mechanische Praktik, hinausgeht. Sein Leben anhand der Richtschnur des Kamasutra sinnlich gestalten, bedeutet, in allen Dingen das Schöne zu entdecken. So finden sich im Kamasutra neben detaillierten Beschreibungen erotischer Stellungen auch Kochrezepte, Anweisungen für die Verschönerung eines Hauses und mehr. Das Kamasutra lehrt, das Sinnlichkeit und Erotik nicht erst im Schlafzimmer beginnen, sondern eine Lebenseinstellung sind.
Um den Genuss voll auszukosten und in Harmonie zu leben, ist die richtige Wahl des Partners und ein ausgewogenes Verhältnis der körperlichen Gegebenheiten sehr wichtig: Zum Beispiel sollte die Größe des männlichen Lingam zur Größe der weiblichen Yoni passen. Das Kamasutra unterscheidet anhand der Größe drei Arten von Männern: Rammler, Stier und Hengst. Ebenso werden drei Arten von Frau unterschieden: Gazelle, Stute, Elefantenkuh. Folglich gibt es drei gleichartige Vereinigungen, welche der Verfasser des Kamasutra für die besten hält, und sechs ungleiche, die aufgrund der zu großen Unterschiede nicht den höchsten Genuss versprechen: dies ist z.B. bei der Vereinigung des Hengstes mit einer Gazelle oder der Vereinigung der Elefantenkuh mit dem Rammler der Fall.
Rund 1.700 Jahre nach dem Verfassen des Kamasutra hat die moderne Wissenschaft übrigens bewiesen, dass Küssen nicht nur ein Genuss, sondern auch sehr gesund ist: Menschen, die viel küssen, müssen seltener zum Arzt. Wer viel küsst, stärkt sein Immunsystem und altert langsamer. Küssen hilft Stress abbauen, werden doch im Gehirn vermehrt Neurotransmitter gebildet. Außerdem bremst Küssen die Entstehung von Glukokortikoiden (schädliche Stresshormone, die viele Erkrankungen auslösen). Auf diese Weise werden Bluthochdruck, Muskelschwund und zu hohe Cholesterinwerte gesenkt. Küssen macht zudem schlank, pro Zungenkuss werden 12 Kalorien verbrannt.
Das Kamasutra ist heute sowohl Gegenstand erregender, anregender Lektüre als auch nüchtern wissenschaftlicher Analyse. Es ist mittlerweile als Klassiker der Weltliteratur anerkannt. Dies war vor nicht langer Zeit noch nicht der Fall: Als die erste Übersetzung des Kamasutra auf Deutsch erschien, waren als anstößig empfundene Stellen in Latein gesetzt. Eine vollständige Übersetzung führte noch 1965 zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Kempten, weil dem Verleger die „Verbreitung unzüchtiger Schriften“ vorgeworfen wurde.
Damit befindet sich das Kamasutra in guter Gesellschaft anderer erotischer Werke der Weltliteratur: D. H. Lawrence‘ Roman „Lady Chatterley“ war bis 1959 in den USA verboten – bis ein Verlagshaus erfolgreich gegen die Beschlagnahmung der ungekürzten Ausgabe durch den U.S. Postal Service klagen konnte. In Großbritannien konnte sich ein Verlag im Jahr 1960 erfolgreich gegen eine Anklage wegen des Drucks von „Lady Chatterley“ zur Wehr setzen. Schon nach einem Tag war die Startauflage von 20.000 Büchern vergriffen. Der Roman „Fanny Hill“ von John Cleland wurde 1821 in den USA wegen Obszönität verboten, erst 1966 wurde dieses Urteil ungültig. In den Deutschland wurde das Verkaufsverbot am 23. Juli 1969 aufgehoben. In Australien darf das Buch bis heute nicht verkauft werden.
PS: Dass der Gedanke der „Sinnlichkeit des Sammelns“ nicht nur für Münzen, sondern auch für Briefmarken gilt, beweist diese kleine Auswahl philatelistischer Motive:
PPS: Das Sammelgebiet „Erotische Numismatik“ reicht zurück bis in die Antike. Moderne Münzen und Prägungen zeigen z.B. Playmates aus Hugh Hefners „Playboy“: